Einkaufskennzahlen

Definition: Was sind Einkaufskennzahlen?

Einkaufskennzahlen sind wichtige Instrumente, um den Einkauf operativ und strategisch zu steuern. Sie dienen auch der Kontrolle von Abteilungen oder Maßnahmen und sind ein Instrument zur Entscheidungsunterstützung. Im operativen Bereich sind Kennzahlen im Zeitvergleich als Frühwarnsystem von Bedeutung. Kennzahlen, Big Data und entsprechende Analysen bilden das Gerüst für Konzepte in Sachen Business Intelligence. Der Einkauf betrachtet z. B. Einkaufsvolumen, Reklamationsquote, Bestelldurchlaufzeit, Lieferantenverfügbarkeit und Auftragsdurchlaufzeit. Die daraus generierten Kennzahlen geben Auskunft über die Performance.

 

Vorteile von Einkaufskennzahlen

Einkaufskennzahlen können …

  • Ziele und Vorgaben mit messbaren Größen unterlegen
  • komplexe Sachverhalte anhand einer oder weniger Zahlen anschaulich, schnell und prägnant darstellen (Kennzahlensystem)
  • bei einer kontinuierlichen Fortführung bestimmter Kennzahlen zu mehr Transparenz bei Entwicklungen, Erreichung kritischer Zustände oder Abweichungen beitragen
  • Steuerung von Abläufen oder Prozessen erleichtern

 

Risiken von Einkaufskennzahlen

Der Einkauf sollte nur unternehmensrelevante Kennzahlen erheben. Ansonsten drohen Zahlenfriedhöfe ohne Aussagekraft. Risiken im Zusammenhang mit Kennzahlen:

  • Werden Auswahl und die Interpretation so gewählt, dass sie am ehesten den Zielen entsprechen, kann leicht ein verzerrtes Bild der Situation entstehen. Folge: Fehleinschätzungen und falsche Entscheidungen.
  • Sind die unternehmerischen Prozesse nur noch an bestimmten Kennzahlen ausgerichtet, werden häufig andere Bereiche vernachlässigt (etwa langfristige Gewinne oder strategische Unternehmensziele).
  • Durch einseitige Sichtweise werden andere Belange vernachlässigt (etwa Nachhaltigkeit oder Mitarbeiterzufriedenheit).

 

Wie KPIs im Einkauf auswählt werden

Key Performance Indicators (KPI) beziehen sich auf Erfolg, Leistung oder Auslastung des Betriebs, einer Maschine oder einer organisatorischen Einheit. Im internen Rechnungswesen spielen Ergebnis-, Rentabilitäts-, Cashflow- oder Liquiditätskennzahlen eine große Rolle. Im Marketing sind Kommunikations- oder Kundenbeziehungskennzahlen bedeutsam. Im Einkauf sind einkaufs- oder lieferantenbezogene Kennzahlen entscheidend, etwa Kosten je Bestellvorgang, Liefertermintreue oder Kostenveränderungen. Kennzahlen zeigen, ob das Unternehmen die gesetzten Ziele erreicht hat. Werte werden auf einer Balanced Scorecard (BSC) dargestellt. Ziele werden erst durch fortgeschriebene Kennzahlen messbar.

 

Merkmale geeigneter Kennzahlen

  • Kennzahlen bestehen aus einem oder mehreren Zahlenwerten mit den jeweiligen Einheiten.
  • Die Messmethode muss festgelegt sein.
  • Aktuelle Ist-Werte lassen sich mit Soll-Werten vergleichen.
  • Für jede Kennzahl sollte eine Person im Unternehmen zuständig sein.

 

Wie ein sinnvolles Kennzahlensystem entsteht

Es ist nicht sinnvoll, Kennzahlen im Einkaufscontrolling ständig neue hinzuzufügen. Das System wird sonst schnell unübersichtlich und fehleranfällig. Vielmehr sollten sich die Kennzahlen aus den übergeordneten Unternehmenszielen ableiten lassen. In der Praxis bedeutet dies, diejenigen Stellhebel im Einkauf zu überwachen und zu justieren, die im Zeitablauf zu einer Verbesserung des Unternehmensergebnisses beitragen. Jedes Unternehmen erstellt also ein individuelles Kennzahlensystem. Kennzahlen anderer Unternehmen sollten zunächst keine Rolle spielen. Erst beim Benchmarking mit anderen Unternehmen wird dann verglichen.

 

Arten von Kennzahlen

Struktur- und Rahmenkennzahlen

Diese Kennzahlen sind übergeordnet und beschreiben die Tätigkeit des Unternehmens auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten. Sie spiegeln die interne und externe Entwicklung wider. Diese Kennzahlen bilden die Grundlage für eine objektive Beurteilung der Leistung.

 

Leistungskennzahlen

Sie beschreiben den aktuellen Stand des Einkaufs und können die Entwicklung der Einkaufsleistung in Form einer Zeitreihe aufzeigen. Leistungskennzahlen beziehen sich auf direkte und indirekte Aktivitätsfelder der Abteilungen (wie Kosten, Lieferanten, Qualität, Prozesse, Logistik).

 

Zehn wichtige Einkaufskennzahlen

Je nach Branche, Organisationsform, Verantwortungsbereich des Einkaufs oder Grundausrichtung des Unternehmens variiert die Zusammensetzung der Kennzahlen. Jedes Unternehmen muss ein passgenaues Kennzahlensystem entwickeln. Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) hat 2014 die relevanten 100 „Top-Kennzahlen im Einkauf“ vorgelegt. Zu den wichtigsten Einkaufskennzahlen gehören:

 

Einkaufskosten in Prozent des Einkaufsvolumens

Diese Kennzahl spiegelt die Prozesseffizienz im Einkauf wider. Die Einkaufskosten können sich beispielsweise um einen bestimmten Prozentsatz verbessern, oder der Durchschnitt kann über einen bestimmten Zeitraum auf dem gleichen Niveau bleiben.

 

Kosten je Bestellvorgang

Diese Kennzahl zeigt auf einen Blick schnelle und schlanke Prozesse und ggf. Verbesserungsbedarf auf. Beispielsweise können die aktuellen Kosten je Bestellvorgang 30 Prozent niedriger sein als vor fünf Jahren.

 

Einkaufsvolumen über den Einkauf

Wie hoch ist der Anteil der Bestellungen, die der Einkauf direkt verantwortet? Und wie hoch ist der Anteil, den Fremdbesteller veranlassen? Hierüber lässt sich die Maverick-Buying-Quote, also der Anteil des unerwünschten „wilden Einkaufs“, bestimmen. Ziel muss sein, die Quote schrittweise zu minimieren, im Idealfall auf null Prozent zu stellen.

 

Liefertermintreue und Reklamationsquote

Diese beiden Kennzahlen lassen Rückschlüsse darauf zu, inwieweit der Einkauf dazu in der Lage ist, die Performance der Lieferanten zu fördern. Wenn sich beispielsweise die Liefertermintreue über einen Zeitraum von zehn Jahre nur um fünf Prozent verbessert oder die Reklamationsquote über einen längeren Zeitraum nur minimal sinkt, zeigt dies Handlungsbedarf.

 

Abrufquote aus Rahmenverträgen

Eine hohe Quote deutet auf einen hohen Automatisierungsgrad hin. Hier gibt es automatisierte Beschaffungsprozesse und E-Kataloge, die eine gute Anbindung der Lieferanten ermöglichen.

 

Kostenveränderungen

Liegt die Kostenveränderungsquote bei zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr, haben sich die Kosten um diese Zahl gegenüber dem Vor-Zeitraum verändert. Damit lässt sich ein grober Trend feststellen. Genaue Anhaltspunkte entstehen erst im Vergleich mit Wettbewerbern bzw. branchenbezogenen Benchmarks.

 

Externe Weiterbildungskosten Einkauf

Qualifizierung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Wenn sich dieser Wert durchweg auf einem hohen Level bewegt, sollten die Mitarbeiter im Einkauf stets up-to-date sein. Über die Qualität der Weiterbildung sagt der Wert allerdings nichts aus.

 

Durchschnittliches Zahlungsziel in Tagen

Unternehmen, die oft Skonto in Anspruch nehmen, haben in der Regel eine Kennzahl von weniger als 14 Tagen. Liegt das durchschnittliche Zahlungsziel bei über 20 Tagen, ist davon auszugehen, dass das Unternehmen Vorteile verschenkt. Mit einem geringen durchschnittlichen Zahlungsziel in Tagen und dem Ausnutzen von Skontovorteilen kann ein Unternehmen seine Cash-Quote, also die Liquidität, aktiv verbessern.

 

Fertigungsstillstandsquote

Stillstand in der Fertigung hat zumeist Probleme in Sachen Lieferfähigkeit zur Folge. Sofern kein ausreichender Lagerbestand vorhanden ist, kommt es zum Ärger mit Kunden.

 

Zahl der Hauptlieferanten

Ist die Lieferantenzahl gering, kann das bei Problemen mit einem Zulieferer zu Lieferverzögerungen bei den Kunden führen. Ist die Anzahl der Lieferanten hoch, gibt es meistens mehrere Lieferanten für eine Produktkategorie. Das ist nicht immer gewünscht, kann aber bei Beschaffungsengpässen (Betrachtung des Risikos!) hilfreich sein.